Putzsysteme und Wärmedämmverbundsysteme bestehen in der Regel aus einem mehrschichtigen Aufbau, der mit dem Putzgrund oder einem Putzträger in Verbindung steht. Je nach Bauteilfunktion und Bauteillage ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an den Putz:
- Ebenflächigkeit
- gleichmäßiges Aussehen
- gute Haftung auf dem Putzgrund
- geringe Wasseraufnahme
- rasche Wasserabgabe
- Frostbeständigkeit
- ausreichende Festigkeit
- geringe Rissanfälligkeit
Hinsichtlich der Verarbeitung der einzelnen Putz- und Wärmedämmverbundsysteme existieren zahlreiche Regelwerke und Normbestimmungen, sodass im Folgenden hauptsächlich auf den richtig ausgeführten Putzgrund und dessen Überprüfungsmöglichkeiten eingegangen wird. Anwendungshinweise für Putze sind allgemein gültig, gelten für durchschnittliche Verhältnisse und beruhen auf langjährigen praktischen Erfahrungen sowie auf Ergebnissen aus Laborversuchen mit Versuchswänden. Besondere klimatische oder bauwerksmäßige Verhältnisse, auch sehr kurze Bauzeiten, sowie außergewöhnliche Planungs- und Gestaltungsbedingungen verlangen spezielle Maßnahmen beim Putzaufbau oder auch bei der Putzverarbeitung.
Mauerwerk als Putzgrund
Ziegelmauerwerk ist ein hervorragender Putzgrund, es müssen jedoch Grundsätze und Regeln befolgt werden, um eine schadensfreie Putzoberfläche zu erhalten. Als Wunschvorstellung für dauerhaften Putz ist ein stabiler Putzgrund mit entsprechenden Eigenschaften erforderlich. Putzuntergründe, die keine ausreichende Tragfähigkeit aufweisen, dürfen keinesfalls ohne entsprechende Vorbehandlung verputzt werden. Bei der Aufbringung von Putzmörtel entstehen in der Regel während des Abbindens wie auch bei Bewitterung Schwind- und Quellspannungen sowie hygrothermische Bewegungen, die zu einem Ablösen und Absturz des Putzes führen können. Der Putzgrund muss
- trocken
- ebenflächig
- tragfähig und fest
- ausreichend formstabil
- nicht wasserabweisend, gleichmäßig saugend, homogen
- rau, staubfrei, frei von Verunreinigungen
- frei von schädlichen Ausblühungen (Bartbildung)
- frostfrei und über +5 °C temperiert
sein.
Rissbildungen des Untergrundes sind für die Vorbereitung von Verputzarbeiten besonders zu beachten. Da Risse die Eigenschaften haben, sich bei thermischen Änderungen zu verändern, können die Putzlagen zusätzlich belastet werden und ebenfalls zu Rissen neigen. Die Verwendung von Putzträgern (Rippenstreckmetall, Drahtziegel-Gewebe, Textilglasgitterarmierungen oder Ähnliches) kann erforderlich sein.
Die Saugfähigkeit des Untergrundes entscheidet ebenfalls über das Abbindeverhalten und in weiterer Folge über die Haftfestigkeit des Putzes am Untergrund. Schlecht saugende oder zu stark saugende Untergründe müssen mit Egalisierungsschichten wie beispielsweise Aufbrennsperren oder Vorspritzer behandelt werden. Letztlich ist auch die Feuchtigkeit des Untergrundes bzw. auch der Salzgehalt entscheidend.
Bei feuchtem Mauerwerk bzw. Mauerwerk welches im Zuge von Trockenlegungsmaßnahmen verputzt werden soll, dürfen nur Spezialputze, sogenannte Sanierputze, verwendet werden.
Untergrundprüfung
Die Untergrundprüfung ist ein wesentlicher Schritt für einen qualitativ hochwertigen und dauerhaften Innen- und Außenputz. Die ÖNORM B 2210 regelt hinsichtlich der Untergrundprüfung, die Bestandteil der Putzleistung ist, Umfang und Methodik. Ebenso sind die vertraglich üblicherweise vorzusehenden Untergrundvorbereitungsarbeiten geregelt. Diese sind je nach Putzart, Ausführungstechnik und Untergrund unterschiedlich.
- Die unbedingte Forderung nach ebenflächigem Putzgrund besteht, weil z. B. vorspringende Ziegel, Steine, Platten zu einer unregelmäßigen Schwächung der Putzdicke führen und an derartigen Stellen erhöhte Rissgefahr besteht. Gleiches gilt für nicht volle bzw. verfüllte Fugen. An derartigen Stellen hängt die Putzlage wie eine Brücke über der offenen Fuge.
- Der Putzgrund muss ebenflächig, tragfähig und fest, ausreichend formstabil, nicht wasserabweisend, gleichmäßig saugend, homogen, rau, trocken, staubfrei, frei von Verunreinigungen, frei von schädlichen Ausblühungen, frostfrei bzw. über +5 Grad temperiert sein.
- Vor- und/oder rückspringende Ziegel müssen innerhalb des zulässigen Stichmaßes für die Ebenflächigkeit liegen und dürfen keine zu stark differierenden Putzdicken verursachen.
- Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber allfällige Bedenken hinsichtlich der Eignung des Putzgrundes für die Ausführung der Putzarbeiten mit dem Hinweis auf die zu erwartenden Mängel und evtl. Lösungsvorschläge schriftlich bekanntzugeben. Fotos dokumentieren nicht nur die Beschaffenheit eines Putzgrundes (z. B. Mischmauerwerk an der Fassade), sondern können im Zuge der Warn- und Hinweispflicht Dokumente, im Schadensfalle aber auch wichtige Beweismittel darstellen!
Untergrundvorbereitungen
Zu den Untergrundvorbereitungen zählen das Auswerfen von offenen Fugen, eventuelle Dickenausgleiche, das Verschließen von Installationsausbrüchen und Ähnliches.
- Eine Putzgrundvorbehandlung dient dem festen und dauerhaften Verbund zwischen Putz und Putzgrund. Putzgrundvorbehandlungen (Haftvermittler, Vorspritzer u. A.) sind in eigenen Leistungspositionen angegeben, sie zählen nicht als Putzlage.
- Die baustoffspezifischen Trocknungs- bzw. Aushärtungszeiten sind einzuhalten. Da ein Großteil der Bewegungen eines Bauwerkes in den ersten Monaten nach der Rohbauerstellung erfolgt, lässt sich durch eine ausreichende Wartezeit vor dem Putzen das Risiko von Putzschäden verringern.
- Kamine stellen einen eigenen Baukörper in einem Gebäude dar. Auch eine Armierung der zu putzenden Flächen kann eine Rissbildung nicht verhindern.
- Materialwechsel im Putzgrund, Ausmauerungen und stumpfe Mauerwerksanschlüsse (ohne statische Verbindung), aber auch klaffende Fugen sind als nichthomogenes bzw. als Mischmauerwerk anzusehen und als problematischen Putzgrund zu betrachten.
- Fugenmörtel (Stoß- und Lagerfugen) darf nicht zu stark eingezogen sein oder vorstehen (max. 5 mm), gegebenenfalls vor dem Putzen abgleichen.
- Bei Knirschvermauerung (ohne Stoßfugenmörtelung) sind klaffende Fugen über 5 mm nicht tolerierbar. Diese Fugen und andere eventuelle Fehlstellen sind in einem eigenen Arbeitsgang, mindestens 3 Tage vor dem Putzen auszuwerfen (nicht mit Vorspritzmörtel!).
- Kleinflächige Ausblühungen in Form eines leichten Schleiers sind zu tolerieren, weil die Putzhaftung nicht oder kaum beeinflusst wird. Ausblühungen in einem stärkeren Ausmaß (Belag, „Bartbildung"), bei denen eine Beeinträchtigung der Putzhaftung zu erwarten ist, müssen unbedingt beseitigt werden. Dies kann bei trockenem Mauerwerk durch Abbürsten erfolgen. Wenn dies nicht den gewünschten Erfolg bringt, ist nach genauer Untersuchung und aufgrund einer Beratung durch Fachleute eine geeignete Reinigungsmethode festzulegen.
- Trockenes Mauerwerk, stark saugendes Ziegelmauerwerk, kann – z. B. bei warmer, windiger Witterung – eine entsprechende Vorbehandlung erfordern. Die diesbezügliche Beurteilung hat vor dem Putzbeginn zu erfolgen. Werksangaben über die Saugfähigkeit berücksichtigen!
- Auch bei Einhaltung der einzelnen Verarbeitungsnormen stellt Mischmauerwerk immer einen problematischen Putzgrund dar, weil unterschiedliche Eigenschaften der Stoffe zusammenwirken und somit der Putz keinen homogenen Untergrund findet bzw. örtlich begrenzt unterschiedlichen Belastungen ausgesetzt ist.
- Einzelflächen aus anderen Baumaterialien müssen lokal armiert werden. Als Armierung ist ein aufgespachteltes Textilglasgitter zu verwenden. Übergriff auf das Ziegelmauerwerk mindestens 20 cm. Bei darauffolgenden Dünnschicht-Edelputzen (Silikat-, Kunstharz-, Silikonharzputzen) empfiehlt es sich, die Spachtelmasse anstelle der Feinputzzwischenschicht über die ganze Fläche auszuführen.
- Die Maschenweite bei aufgespachteltem Textilglasgitter ist abhängig vom Größtkorn der Spachtelmasse. Sie soll mindestens der dreifachen Größtkorngröße entsprechen, darf jedoch nicht kleiner als 4×4 mm sein. Herstellerangaben sind unbedingt zu beachten!
- Befinden sich in der Mauerwerksfläche als Putzgrund mehrere Stellen mit anderen Materialien, dann ist vor Beginn der Putzarbeiten eine Fotodokumentation zu empfehlen.
- Das Schließen von Schlitzen und Durchbrüchen ist gemäß ÖNORM B 2206 [146] eine Hauptleistung. Diese Arbeiten müssen zeitgerecht vor Beginn der Putzarbeiten beendet sein.
- Korrosionsgefährdete Metallteile (z. B. Nägel, Befestigungsdrähte) müssen so weit entfernt sein, dass keine Teile in die Putzschicht ragen, verbleibende Teile oder sichtbare Reste müssen vor Putzbeginn mit Korrosionsschutz versehen sein. Wasserführende Rohre und Leitungen müssen vor Beginn der Putzarbeiten mit einem Schutz vor Kondenswasser versehen sein.
Luftdichtheit bei Ziegelmauerwerk
Ein Mindestmaß an erforderlicher Luftdichtheit eines Gebäudes muss jedes neu gebaute oder sanierte Gebäude erfüllen. Diese stellt ein Qualitätsmerkmal dar und ist unter anderem ein Aspekt für die thermische, hygienische sowie akustische Behaglichkeit. Bei Überschreitung einer bestimmten Luftwechselzahl durch ungeplante Undichtigkeiten (Luftaustausch des Gebäudevolumens pro Stunde) kann es zu Energieverlusten (Wärmeverluste), Zugerscheinungen, Kondensation (Tauwasseranfall), Eindringen von Schadstoffen sowie der Reduzierung des Schalldämm-Maßes von Bauteilen kommen.
Ursachen für die Druckdifferenzen zwischen der Innenseite und der Außenseite der thermischen Hülle und der daraus resultierenden Luftströmung sind Windeinflüsse (Winddruck und Windsog), Temperaturunterschiede (Thermik) und auch raumlufttechnische Anlagen (z. B. mechanische Beund Entlüftungsanlagen). Im Prinzip müssen drei Forderungen erfüllt sein:
- Luftdichtheit: Vermeidung des Eindringens von feuchten Luftströmungen in Bauteile der Gebäudehülle, in der Regel auf der Warmseite angeordnet
- Winddichtheit: Vermeidung des Eindringens der Außenluft in die Wärmedämmschicht und Durchströmung dieser oder auch hinter die Wärmedämmschicht, in der Regel auf der Kaltseite angeordnet
- Schlagregensicherheit: Ist jene Sicherheit vor Schlagregen, die unter Verwendung von Materialien, die auf Schlagregendichtheit geprüft sind, erreicht werden kann
Damit diese Forderungen erfüllt werden können, ist es zweckmäßig, bereits ein Luftdichtheitskonzept in der Planungsphase zu erstellen. Darin sind die Dichtungsebenen und sämtliche Bauteilanschlüsse mit Konstruktions- und Materialwechsel planerisch zu lösen und zu dokumentieren.
- Mauerwerk wird durch eine vollflächig aufgebrachte Putzschicht luftdicht (in der Regel ist die innere Putzschichte die Luftdichtheitsebene des Ziegelmauerwerks). Dazu muss der Verputz vollflächig vom Rohfußboden bis zur Rohdecke ausgeführt werden.
- Die letzte Lagerfuge bei Parapeten, Brüstungen, Mauerkronen sowie Kniestöcken ist in der Regel mit einer vollflächigen Mörtelschicht abzudeckeln.
- Fenster- sowie Türlaibungen sind, wo notwendig, mit einem Glattstrich zu versehen bzw. die Bauanschlussführung erfolgt nach den Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller. PU-Schaum allein ist nicht luftdicht und erfüllt nicht die Anforderungen der ÖNORM B 8115-2 und der ÖNORM B 8115-4. Die entsprechenden normativen Grundlagen sind in der ÖNORM B 5320 enthalten.
- Installationsschlitze sollten nach dem Einbau der Leitungen verfüllt und nicht nur überputzt werden. Punktuelle Fixierungen der Leitungen sind nicht ausreichend.
- Kamine sind in das Dichtheitskonzept mit einzubeziehen. Zu beachten ist, dass Wandflächen vor dem Anbau von Kaminen einen dünnen Dichtputz erhalten, wodurch wird eine geschlossene Luftdichtheitsebene sichergestellt wird.
- Wenn die Ziegelwand im Innenbereich nicht verputzt wird, so kann das Mauerwerk mit vermörtelter Lagerfuge und Stoßfuge eine für die Luftdichtheit ausreichende Maßnahme sein.
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