Baustoffprüfungen
Mauerstein
Der wichtigste Parameter der Mauerwerksdruckfestigkeit ist die Druckfestigkeit des Mauersteines. Für die Bemessung ist dabei die normierte Druckfestigkeit 𝑓b anzusetzen. Nach ÖNORM EN 771-1 ist diese entweder durch den Hersteller zu deklarieren oder durch Umrechnung gemäß ÖNORM EN 772-1 aus der Druckfestigkeit am Prüfkörper zu ermitteln.
normierte Druckfestigkeit - Definition ÖNORM EN 771-1
Wert für die Druckfestigkeit eines Mauersteins, der in die lufttrockene Druckfestigkeit eines äquivalenten Mauersteins mit der Breite von 100 mm und einer Höhe von 100 mm umgerechnet wird.
Wenn vom Hersteller die Druckfestigkeit am Prüfkörper angegeben ist, kann diese nach Formel (5-32) in die normierte Druckfestigkeit (auf einen Prüfkörper mit den Kantenlängen 100/100/100mm) umgerechnet werden.
Die Druckfestigkeit ist als Mittelwert der Festigkeit der einzelnen Prüfkörper auf 0,1 N/mm² gerundet zu ermitteln und der Variationskoeffizient der Prüfserie auf 0,1 % gerundet anzugeben.
Mauersteine der Kategorie I – Definition ÖNORM EN 771-1
Mauersteine mit einer deklarierten Druckfestigkeit, wobei die Wahrscheinlichkeit des Nichterreichens dieser Festigkeit nicht über 5 % liegen darf. Diese darf über den mittleren Wert oder den charakteristischen Wert ermittelt werden.
Mauersteine der Kategorie II – Definition ÖNORM EN 771-1
Mauersteine, die das Vertrauensniveau für Mauersteine der Kategorie I nicht erreichen.
Die Forderung nach der Einhaltung der 5 %-Fraktile bei der Streuung der Einzelwerte für Steine der Kategorie I bedeutet bei einem Prüfkollektiv von 10 Steinen – unter Heranziehung der ÖNORM B 1990-1 — die Einhaltung eines Variationskoeffizienten von 12 % bzw., sofern keine Vorinformation über das Kollektiv vorliegt, einen reduzierten Variationskoeffizienten von 10 %. Werden nur 6 Steine geprüft, ist der Varaitionskoeffizient jeweils um 1 % niedriger anzusetzen.
Für die Bestimmung der Längsdruckfestigkeit 𝑓bh von Mauersteinen kann analog zur vertikalen Druckfestigkeit 𝑓b vorgegangen werden, wobei hier die Stoßflächen der Ziegel (Mörteltaschen, Nut und Feder) entsprechend den Bestimmungen der ÖNORM EN 772-1 zu bearbeiten sind.
Mörtel
In der ÖNORM EN 998-2 sind die Anforderungen für im Werk hergestellten Mauermörtel (für Lager-, Stoß- und Längsfugen, Fugenglattstrich, nachträgliches Verfugen) zur Verwendung in Wänden, Pfeilern und Trennwänden aus Mauerwerk (z. B. Verblendmauerwerk und verputztes Mauerwerk, tragende und nichttragende Mauerwerkskonstruktionen für Hoch- und Tiefbauten) festgelegt. Die Bestimmung der Mörteldruckfestigkeit 𝑓m und der Biegezugfestigkeit 𝑓m,m des Mörtels, unabhängig von seiner Art, ist nach ÖNORM EN 1015-11 durchzuführen.
Mörteldruckfestigkeit 𝑓m – Definition ÖNORM EN 1996-1-1
mittlere Druckfestigkeit einer festgesetzten Anzahl von Mörtelproben im Alter von 28 Tagen.
Die Prüfköper zur Bestimmung der Biegezug- und Druckfestigkeit von Mörtel nach ÖNORM EN 1015-11 sind Prismen mit den Abmessungen 160/40/40 mm, wobei je Mörtel mindestens drei Prüfkörper bereitzustellen sind. Für die alleinige Prüfung der Druckfestigkeit sind die Prismen in zwei Hälften zu brechen, sodass sechs halbe Prismen zur Verfügung stehen, bei gleichzeitiger Bestimmung der Biegezugfestigkeit entstehen durch diese Prüfung bereits die jeweiligen Prismenhälften. Nach einer genormten Lagerung der Prismen von 28 Tagen kann dann die Prüfung der Biegezugfestigkeit bei Belastung durch eine mittige Einzelkraft und einer Stützweite von 100 mm erfolgen, wobei der Bruch innerhalb von 30 bis 90 Sekunden Laststeigerung eintreten soll.
Für die Prüfung der Druckfestigkeit sind Druckplatten mit einer Länge von 40 mm zu verwenden, sodass eine Druckfläche von rund 40/40 mm entsteht. Ergänzend sind noch Bestimmungen für die Belastungsgeschwindigkeit und Lage der Druckfläche zu beachten. Die Festigkeit (Biegezugfestigkeit und Druckfestigkeit) jedes Prüfkörpers ist auf 0,05 N/mm² gerundet aufzuzeichnen und der Mittelwert der Prüfserie auf 0,1 N/mm² gerundet zu berechnen. Das Prüfalter der Prüfkörper und das Alter beim Ausschalen sind anzugeben.
Bauteilprüfungen
Bauteilprüfungen werden einerseits zur Entwicklung oder Absicherung von Rechenmodellen zur Ermittlung der Bauteilwiderstände durchgeführt – in den Bauteilen kann das Zusammenwirken der einzelnen Baustoffe beobachtet und beurteilt werden – und andererseits zur Ermittlung von tatsächlich vorhandenen Festigkeiten in Bauwerken. Während bei Ersterem eine Reihe von Prüfkörpern mit definierten Eigenschaften hergestellt und geprüft werden, erfordert Letzteres natürlich eine entsprechende Entnahme von Probekörpern aus schon errichteten Bauteilen oder sogar Bauwerken – diese Prüfung wird somit als „zerstörende Prüfung“ bezeichnet.
Für die Bestimmung einiger Parameter gibt es aber auch zerstörungsarme oder sogar zerstörungsfreie Methoden. Speziell die neuer entwickelten zerstörungsfreien Prüfverfahren unter Verwendung von neuartigen Sensortechniken geben Aufschluss über Strukturen und Störungen, sind aber für die Bestimmung der üblichen Parameter wie Druckfestigkeit oder Verformungsverhalten nicht anwendbar. Eine besondere Art zerstörungsfreier Prüfungen von Bauteilen sind die In-situ– Probebelastungen, wobei Aussagen über die Tragfähigkeit von Bauteilen abgeleitet werden können.
Alle Prüfungen erzeugen Kurzzeitbelastungen, deren Ergebnisse dann auf die übliche Belastungsdauer adaptiert werden müssen.
Druckversuche
Die Druckfestigkeit von Mauerwerk normal zu den Lagerfugen wird aus der Festigkeit von kleinen Prüfkörpern, die bis zum Bruch belastet werden, nach den Bestimmungen der ÖNORM EN 1052-1, hergeleitet.
Die früher oftmals für die Mauerwerksprüfung verwendeten Dreisteinpfeiler dürfen nach ÖNORM EN 1052-1 ebenfalls herangezogen werden. Sie können jedoch die Wandfestigkeit wegen der ungenügenden Erfassung aller Einflussfaktoren nicht ausreichend gesichert realitätsnah erfassen und sollten demnach nur eingeschränkt Anwendung finden.
Wenn die Längsverformung bestimmt werden soll, müssen je zwei an beiden Seiten montierte Dehnmessfühler zumindest über einen ganzen Stein und zwei Mörtelfugen reichen, um ein aussagekräftiges Messergebnis zu erhalten. Die Werte der vier Messungen können dann gemittelt werden. Die eventuell auch zu messende Querdehnung wird (an beiden Seiten) in halber Steinhöhe abgenommen und muss ebenfalls den Einfluss von Stein und Fugen erfassen.
Die Prüfkörpergrößen „Dreisteinversuch, „RILEM-Prüfkörper“, aber auch noch größere Prüfkörper bis zu geschoßhohen Mauerpfeilern zeigen bei größeren Prüfkollektiven und sehr präziser Prüfkörpervorbereitung keine signifikanten Einflüsse aus der Prüfkörperform.
Schlankheitseinflüsse sind bis zu Prüfkörperschlankheiten von 15 nicht zu erkennen, jedoch bewirkt der unterschiedliche Fugenanteil eine geringe Traglastminderung bei geschoßhohen Prüfpfeilern gegenüber den RILEM-Pfeilern von 0,90. Dreisteinpfeiler sind sensibel auf einzelne Fehlstellen und besitzen keine Stoßfugen, was die Aussagekraft der Prüfergebnisse mindert.
Schub-/Scherversuche
Die charakteristische Haftscherfestigkeit (Anfangsscherfestigkeit) 𝑓vk0 und die Reibung sind in Versuchen nach ÖNORM EN 1052-3 an kleinen Prüfkörpern zu ermitteln, wobei zwei Verfahren beschrieben werden.
Nach Verfahren A wird die Scherfestigkeit zwischen Stein und Mörtel an Prüfkörpern mit gleichmäßiger Scherbeanspruchung und unterschiedlichen Normalspannungsniveaus (Vorlasten) ermittelt, welches während der Querkrafteintragung auf ±2 % gleichzuhalten ist. In je drei Laststufen wird an je 3 Prüfkörpern der Scherwiderstand ermittelt. Es sind zwei Prüfkörperformen definiert, wobei bei Steinhöhen über 200 mm auch die Prüfung an einem Prüfkörper Typ II zulässig ist.
Ebenso wie Druckspannung und Schertragfähigkeit einander beeinflussen, beeinflussen sich auch die Schertragfähigkeit und die Mauerwerkszugfestigkeit. Wie zu erwarten, sinkt die Anfangsscherfestigkeit bei Zugbeanspruchungen, wenn die Zugfestigkeit erreicht ist, auf null. Die Versagenskurve kann nach Van de Pluim als Parabel angenommen werden. Wegen der nur geringen Datenbasis lassen aber die Normen den Ansatz einer Scherfestigkeit bei auftretenden Zugspannungen generell nicht zu – wie auch eine Zugfestigkeit von Mauerwerk generell nicht angesetzt werden darf.
Biegezugprüfungen
Die Prüfung erfolgt gemäß ÖNORM EN 1052-2 durch eine Vier-Punkt-Belastung. Für jede Biegebeanspruchungsrichtung müssen 5 Prüfkörper geprüft werden, wobei die Größe der Prüfkörper von den Steingrößen abhängt.
Die Vorgaben für die Versuchsausführung gelten unabhängig, wie die Vermörtelung der Stoßfugen im Prüfkörper ausgeführt wurden, wobei Versuche und Bauausführung sinnvollerweise übereinstimmen sollten.
Einbruchhemmung
Die ÖNORM B 1300 schreibt regelmäßige Objektsicherheitsprüfungen für Wohngebäude vor. Der
Hintergrund dafür ist, dass Liegenschaftseigentümer oder Eigentümergemeinschaften Sorge
tragen müssen, dass von ihrem Eigentum keine Gefahr für die Sicherheit von anderen Personen
oder deren Eigentum ausgeht. Die durchzuführenden Objektsicherheitsprüfungen sind in vier
Fachbereiche geteilt:
- technische Objektsicherheit
- Gefahrenvermeidung und Brandschutz
- Gesundheits- und Umweltschutz
- Einbruchsschutz und Schutz vor Außengefahren
Der Einbruchsschutz ist damit ein wesentlicher Teil der Objektsicherheit. Bevorzugte Methode der Täter war und ist es, eine durchgangsfähige Öffnung im Bereich von Fenstern und Türen mit Werkzeugen wie Schraubenzieher oder Brecheisen zu erzeugen. Wenn der Versuch nicht in kurzer Zeit zum Erfolg führt, wird in der Regel vom Einbrecher abgebrochen.
In der ÖNORM B 5338 „Einbruchhemmende Fenster, Türen und zusätzliche Abschlüsse“ werden Kriterien für die Auswahl der Widerstandsklasse in Abhängigkeit vom erwarteten Tätertyp und dem Einbruchsrisiko dargestellt. Für Wohnobjekte ist WK 3 bzw. RC 3 bei hohem Risiko empfohlen. Für Gewerbeobjekte und öffentliche Objekte sind die Klassen RC 2 bis RC 6 je nach Wichtigkeit und Gefährdung anzuwenden.
Gemäß den Anforderungen und Klassifizierungen der einbruchhemmenden Eigenschaften werden dann folgende Versuche durchgeführt:
- Widerstandsfähigkeit gegen statische Beanspruchung
- Widerstandsfähigkeit gegen dynamische Beanspruchung
- Widerstandsfähigkeit gegen manuellen Einbruchsversuch
Für eine Ziegelwand aus Hochlochziegel (deklarierte Steindruckfestigkeit 7,5 N/mm²) der Wandstärke 50 cm und Thermomörtel M5 war der Nachweis der Widerstandsklasse WK 3 bzw. RC 3 möglich.
Absturzsicherungen
Für die sichere Montage von permanenten Absturzsicherungen (Geländer, Verglasungen etc.) gibt es in Europa unterschiedliche Systeme. In der Regel geben die Hersteller von Befestigungsmitteln auf der Basis von Zulassungsversuchen detaillierte Information über die Montage und die maximal einleitbaren Kräfte. Da sich die bei Ziegelmauerwerk verwendeten Einbauteile und die reale Montagetechnik aber lokal stark unterscheiden, sind Systemprüfungen unverzichtbar.
Entscheidend für die Bemessung und Überprüfung des Systems „Wand-Befestigungsmittel- Einbauteil“ ist die Last-Einwirkung von innen nach außen, die zum Beispiel durch einen gegen eine Fenstertür stürzenden Menschen ausgelöst wird. Die entsprechenden Lastansätze der ÖNORM B 1991-1-1 liegen zwischen 0,5 bis 3,0 kN/m.
Nach ÖNORM B 3716-3 kann ein experimenteller Nachweis durch einen Pendelschlagversuch mit einem Zwillingsreifen gemäß ÖNORM EN 12600 erfolgen. Dabei sind je nach Nutzungskategorie gemäß ÖNORM B 1991-1-1 und Verglasungsgruppe unterschiedliche Pendelfallhöhen anzusetzen.
In der 25 cm dicken Hochlochziegelwand (Bruttorohdichte 720 kg/m³, deklarierte Steindruckfestigkeit 15 N/mm²) wurden je nach Impulsstärke elastische Verformungen von 0,2 mm bis maximal 2,1 mm gemessen, und es konnten auch bei der höchsten Beanspruchung (Nutzungskategorie C5, Verglasungsgruppe 1) keinerlei Risse, bleibende Verformungen oder lokale Zerstörungen festgestellt werden
Beschusshemmung
Für Gebäude wie Banken, Polizeistationen, Einzelhandelsgeschäfte, Gerichte, Verwaltungsstellen etc. sind neben dem Einbruchschutz auch durchschusshemmende Lösungen gefragt. Die Beschusssicherheit zielt dabei nicht nur auf den Personenschutz, sondern auch auf den Sachwertschutz ab. Zum Beispiel können auch Räume mit empfindlichen Einrichtungen wie Computer, Steuerungen oder Energie- und Wasserversorgungsanlagen geschützt werden.
Die ÖNORM EN 1522 „Fenster, Türen, Abschlüsse - Durchschusshemmung, Anforderungen und Klassifizierung“ definiert die Klassifizierung und die Anforderungen an die Prüfung mit Faustfeuerwaffen und Büchsen. Es gibt sieben Widerstandsklassen von FB 1 bis FB 7, die sich durch das Kaliber und die Prüfentfernung bzw. Geschossgeschwindigkeit unterscheiden.
Aus Versuchen in Österreich gibt es folgende vorläufige Erkenntnisse, die derzeit von der Ziegelindustrie genauer überprüft werden:
- Mit einem üblichen 12 cm Zwischenwandziegel (Bruttorohdichte 750 kg/m³), beidseitig mit 1,5cm Kalk-Gipsputz mit Maschinenputz-Armierung, ist FB 3 (mit Ablösung des Putzes hinten auch FB 4) erreichbar.
- Ein schwerer 25-cm-Ziegel (Bruttorohdichte >800 kg/m³) beidseitig mit 1,5 cm Kalk- Zementputz sollte FB4 und FB 5 schaffen. Ob Planziegel oder Standardziegel, dürfte keine Rolle spielen.
- Die Armierung des Putzes besonders auch an der Hinterseite ist wichtig, da häufig die ganze Wandstärke für das Abfangen des Projektils benötigt wird.
Bauwerksversuche – Großversuche
Bauwerksprüfungen im eigentlichen Sinn sind Prüfungen, durch die das Verhalten des Bauwerks in seiner gesamten komplexen Struktur beurteilt werden soll. Das ist hauptsächlich für die Beurteilung der Erdbebensicherheit von Gebäuden oder anderen Strukturen wichtig, wo man z. B. nichtlineare Effekte im lokalen Materialverhalten zur Beurteilung der Struktursteifigkeit und des Dämpfungsverhaltens genauer erfassen möchte. Solche Versuche an Gesamtgebäuden mit Beanspruchungen wie bei reellen Erdbeben würden Einrichtungen für die Krafteinträge erfordern, die sich auch heute technisch kaum realisieren lassen, und würden praktisch zwingend zu wesentlichen Zerstörungen in den Gebäudestrukturen führen.
Eine andere Art der Bauwerksprüfung findet an vereinfachten Bauwerksmodellen statt, bei kleinen Strukturen entweder im naturgetreuen Maßstab oder sonst verkleinert auf sogenannten „Shakern“, also Rüttelplatten errichtet und dann entweder durch pseudodynamische Erregung oder unter Aufbringungen von realitätsnahen Schwingungsverläufen geprüft.
Dynamische In-situ-Untersuchungen
Gebäudeschwingungen werden durch übliche Nutzung oder auch durch vorbeifahrende Fahrzeuge praktisch ununterbrochen erzeugt. Die Gebäudereaktion auf diese Anregungen lässt sich messen und – sofern die Signale nicht durch harmonische Störungen überlagert sind – interpretieren. Einfacher ist jedoch die Interpretation der Antworten auf künstlich aufgeprägte, definierte Signale, die durch Unwuchterreger oder Reaktionsmassenanreger erzeugt werden.
Shaker
Um Versagensmechanismen an einzelnen Bauteilen zu erforschen bzw. den Bauteil/Baukörperwiderstand unter Erdbebenbeanspruchungen möglichst realitätsnah zu ermitteln, werden bewegliche Plattformen mit ganzen Hausteilen bebaut und dann der Untergrund in Schwingungsbewegungen versetzt. Diese orientieren sich an den Beschleunigungsbildern echter Erdbeben und erzeugen wirklichkeitsnahe Beanspruchungszustände. Der hohe technische Aufwand setzt natürlich der Bauwerksgröße Grenzen, sodass oft nur maßstäblich verkleinerte Modellbauwerke untersucht werden. Die Berücksichtigung der Modellgesetze erschwert die Interpretation, das Hauptproblem ist jedoch fast immer das zu kleine Prüfkollektiv.
Pseudodynamische Versuche
Nutzt man nicht Trägheitskräfte zur Erzeugung der Beanspruchungen, sondern prägt diese den Bauteilen mechanisch auf, wird von pseudodynamischen Versuchen gesprochen. Hier werden Bauteile oder Bauwerksteile durch hydraulische Pressen verschoben bzw. belastet. Das kann zyklisch, mit unterschiedlichen Lastgrößen und unterschiedlichen Belastungsdauern passieren. In der Regel ist jedoch die Belastungsgeschwindigkeit und sind die Lastspiele geringer als bei Erdbeben. Zumeist werden nicht nur das Versagen selbst, sondern auch der Versagensfortschritt und die Versagensform aufgenommen. In Testreihen wurden eine große Zahl von unterschiedlichen Wandscheiben mit vielen Lastenkombinationen beansprucht, um die Normansätze für die Horizontalkraftabtragung von Wandscheiben auch unter erdbebenähnlichen Verhältnissen verifizieren zu können.
Untersuchungen Bestandsmauerwerk – Güteprüfung
Unabhängig von den Kontrollen der Geometrie ist die Überprüfung der Materialqualität im Hinblick auf die Tragfähigkeit wesentlich. Sofern nicht andere Beurteilungsmöglichkeiten vorliegen, ist die Bestimmung der Druckfestigkeit von Stein und Mörtel bzw. die Wandfestigkeit vor Ort wichtig. Das ganz besonders, wenn nachträglich Beurteilungen vorgenommen werden müssen, wo keinerlei Unterlagen vorliegen.
Für vorhandene Bauwerke ist im Fall von Um-, Aus- und Zubaumaßnahmen, bei Bauwerksertüchtigungen oder der allgemeinen Bewertung die Kenntnis des Bestandes wichtig, ebenso aber möglichst zerstörungsfreie und in der Praxis einfach anzuwendende Erkundungsmethoden wie die Überprüfung der Komponentenfestigkeiten.
Die Prüfung des Mauerwerks zur Ermittlung der Druckfestigkeit kann mittels direkter Prüfverfahren
- In-situ-Prüfung am Bauwerk
- Prüfkörperentnahme und Laborprüfung
oder in der Regel durch indirekte Prüfung, d. h. die Einzelkomponentenprüfung mit anschließender Berechnung der Mauerwerksdruckfestigkeit, erfolgen.
- Prüfung der Steinfestigkeit (Ziegelfestigkeit) – Normprüfung
- Prüfung der Steinfestigkeit durch Rückprallprüfung
- Prüfung der Mörtelfestigkeit durch Stempeldruckprüfung
- Prüfung der Mörtelfestigkeit durch Bestimmung des Eindringwiderstandes und der zugehörigen Verformung
Nach den Bestimmungen der ÖNORM B 1996-3 hat die Prüfung der Druckfestigkeit von Bestandsmauerwerk unter Berücksichtigung der objektspezifischen Gegebenheiten und der statischen Anforderungen zu erfolgen. Als Mindestanforderung einer ausreichenden Befundung eines Bestandsobjektes zur Erfüllung des Kenntnisstandes 3 (KL3) gemäß ÖNORM EN 1998-3 gilt:
- je Mauerwerksart mit gleichartigen Materialien eine Prüfserie,
- pro angefangene 1000 m2 Bruttogeschoßfläche und Mauerwerksart mit gleichartigen Materialien eine Prüfserie,
- mindestens zwei Prüfserien pro Bestandsobjekt.
Zur Erfüllung des Kenntnisstandes 2 (KL2) sind mindestens 50 %, für Kenntnisstand 1 (KL1) mindestens 20 % der Befundung durchzuführen. Weniger als 20 % jedoch mindestens eine Prüfstelle gelten als Stichprobe. Für die Prüfung eines Teilbereiches mit gleichartigen Materialien innerhalb eines Objektes ist mindestens eine Prüfserie auszuführen. Als Prüfserie für die Mauerwerksprüfung gelten
- mindestens drei Einzelprüfkörper,
- mindestens drei Prüfstellen einer Komponentenfestigkeitsbestimmung durch Entnahme von Materialproben und Druckfestigkeitsprüfung,
- mindestens sechs Prüfstellen einer Komponentenfestigkeitsbestimmung mittels Rückprall- und Eindringmessungen zur Druckfestigkeitsbestimmung.
Ein Prüfgutachten oder Prüfbericht einer Mauerwerksprüfung hat dabei mindestens zu enthalten:
- Objekt,
- Prüfdatum,
- Plan mit Lage der Prüfstellen,
- Prüfmethode und Umrechnung auf normgemäße Festigkeiten,
- charakteristische Wandfestigkeit 𝑓k je Prüfstelle, Prüfserie und Mauerwerksart mit gleichartigen Materialien.
Zusätzlich sind bei Prüfung der Komponentenfestigkeiten noch folgende Angaben anzuführen:
- von der Prüfkörperform unabhängige Steindruckfestigkeit 𝑓b je Prüfstelle, Prüfserie und Mauerwerksart mit gleichartigen Materialien,
- Mörteldruckfestigkeit 𝑓m je Prüfstelle, Prüfserie und Mauerwerksart mit gleichartigen Materialien,
- Angabe der Kategorie der Mauersteine gemäß ÖNORM EN 771-1.
Mauerwerksdruckfestigkeit
Ideal für die alleinige Beurteilung der Wandfestigkeit ist die Entnahme von wandartigen Prüfkörpern oder einer In-situ-Prüfung mit einem genauen Aufschluss über die Festigkeit im geprüften Bauteil. Die zur Verfügung stehenden Methoden sind jedoch relativ aufwendig und dementsprechend teuer.
Pfeilerprüfung im Labor
Vorteil der Pfeilerentnahme und Laborprüfung ist Feststellung der tatsächlichen Festigkeitsverhältnisse der Wand im Bauwerk. Idealerweise entsprechen die Prüfkörper den Spezifikationen der Prüfnormen, also in Wandstärke mit einer Höhe von fünf Steinscharen und zumindest zwei Steinlängen breit, womit die Bruchfestigkeit der Wand ohne weitere Umrechnung abgelesen werden kann.
Gemäß ÖNORM B 1996-3 gilt, dass bei der Entnahme von Mauerwerksprüfkörpern besonders auf die statischen Gegebenheiten des Objektes zu achten ist. Bei der Prüfkörperentnahme aus tragenden Wänden sind dabei die Bestimmungen gemäß ÖNORM EN 1996-1-1 zu beachten und im Regelfall ist ein statischer Nachweis für den geschwächten Wandbereich vorzulegen.
Die Entnahme und der Transport des Prüfkörpers haben unter größtmöglicher Schonung der Mauerwerksstruktur zu erfolgen. Die charakteristische Wandfestigkeit 𝑓k einer Prüfserie ist der Mittelwert der Prüfergebnisse dieser Serie dividiert durch 1,2. Ist der kleinste Einzelwert kleiner als der so ermittelte Wert für 𝑓k, so ist 𝑓k dem kleinsten Einzelwert gleichzusetzen.
Flat-Jack-Verfahren
Aus dem Gebirgsbau kommt der Ansatz der annähernd zerstörungsfreien Feststellung der Mauerwerksbeanspruchungen durch die Messung von Rückverformungen nach Entlastung von Mauerwerksteilen (beispielsweise durch Freischneiden). Dafür ist die Kenntnis von mehreren Spannungs- und Verformungszuständen erforderlich, die sich durch in Mauerschlitze eingebrachte, flache hydraulische Druckkissen, sogenannten „Flat-Jacks“, aufbauen lassen. Um Druckstufen aufbauen zu können, müssen zwei Druckkissen eingesetzt werden.
Die erforderlichen Arbeitsschritte sind recht aufwändig und das Ergebnis muss mit parallel durchgeführten Versuchen an Prüfpfeilern korreliert werden. Bei einer nur kleinen Anzahl von Versuchen ist das Risiko, durch lokale Einflüsse verfälschte Ergebnisse zu erhalten – beispielsweise aus Rückverformungen des Schlitzrandes - groß, wobei eine falsche Messung überhaupt nicht erkannt wird. Baupraktisch ist dieses Verfahren möglich, aber aus Zeit- und Kostengründen nicht bedeutsam.
Komponentenfestigkeiten
Die Bestimmung der Komponentenfestigkeiten umfasst die Ermittlung der Ziegeldruckfestigkeiten und der Mörteldruckfestigkeiten. Dafür werden nach der Festlegung der Probestellen an den für die Festigkeitsbeurteilung maßgeblichen Stellen Mauersteine mittels Mauersäge oder Ausstemmen entnommen und der Fugenmörtel vorsichtig ausgelöst, um entsprechend große Mörtelproben herstellen zu können oder nach Putzentfernung zerstörungsarme Prüfungen zugeführt.
Steindruckfestigkeit – Normprüfung
Die Mauersteinprüfung ist gemäß ÖNORM EN 772-1 durchzuführen. Bei Vollsteinen kann mit Halbsteinen das Auslangen gefunden werden, ohne die Aussagekraft der Prüfwerte wesentlich zu verändern, das ist bei Hochlochziegeln nicht möglich, da hier das Tragvermögen des Ziegelmantels für die Tragfähigkeit des Steines essenziell ist.
- Für die Mittelwertbildung an einer Prüfstelle sind abweichend von den Bestimmungen der ÖNORM EN 772-1 mindestens 5 Einzelwerte heranzuziehen.
- Für die Festlegung der Mauersteinkategorie sind alle Einzelwerte der Prüfserien innerhalb einer Mauerwerksart mit gleichartigen Materialien heranzuziehen.
An sich sollten Ziegel durch Prägung eindeutig gekennzeichnet sein. Wenn diese Kennzeichnung gefunden wird und die Ziegel auch noch datenmäßig verfügbar sind, ist der Nachweis der Festigkeit über die deklarierte Ziegelfestigkeit eine sinnvolle Alternative. Ebenso können im Rahmen einer Güteprüfung zur Kontrolle der Ausführungsqualität (IL) die Ziegel noch vor der Vermauerung entnommen werden.
Steindruckfestigkeit – Rückprallprüfung
Schon seit 1990 ist der Zusammenhang zwischen den Rückprallwerten an Ziegeln und deren Druckfestigkeit bekannt und es wurde diese Abhängigkeit auch durch Versuche an Bestandsgebäuden überprüft. Die Ziegelhersteller verwenden den Rückprallhammer zum Teil auch für die Eigenüberwachung der Produktion und ein entsprechend adaptierter Prüfhammer ist im Handel erhältlich.
- Bei Anwendung eines Rückprallverfahrens zur Bestimmung der Steindruckfestigkeit sind je Probestelle mindestens 10 Einzelprüfungen auszuwerten.
- Für die Festlegung der Mauersteinkategorie sind alle Einzelwerte der Prüfserien innerhalb einer Mauerwerksart mit gleichartigen Materialien heranzuziehen.
Mörtelprüfung – Normprüfung
An Lagerfugenmörtel ist eine Normprüfung an Prismen mit den Abmessungen 160/40/40 mm nicht möglich. Im Rahmen Güteprüfung zur Kontrolle der Ausführungsqualität (IL) des Mörtels können noch vor der Vermauerung Mörtelprismen hergestellt und anschließend geprüft werden, wobei je Prüfstelle mindestens drei Prüfkörper zur Bestimmung der Biegezug- und Druckfestigkeit nach ÖNORM EN 1015-11 bereitzustellen sind.
Mörtelprüfung – Stempeldruckprüfung
Mörtel kann in Plättchenform mit Lagerfugendicke gewonnen werden. Normprüfangaben sind dazu in Österreich nicht vorhanden, in Deutschland sind in DIN 18555-9 Prüfverfahren angeführt, Umrechnungen auf die Festigkeiten am Normprisma – die für die Standsicherheitsberechnungen benötigt werden – fehlen aber.
Für die Prüfung des Fugenmörtels nach ÖNORM B 1996-3 sind geeignete Prüfverfahren einzusetzen, die eine gesicherte Umrechnung der geprüften Festigkeiten auf die Mörteldruckfestigkeit, geprüft nach ÖNORM EN 998-2 , besitzen.
- Bei Mörtel mit Druckfestigkeiten ≤5,0 N/mm2 ist zur Prüfung der Mörteldruckfestigkeit bevorzugt das Stempeldruckverfahren anzuwenden. Für die Auswertung einer Probestelle sind mindestens 10 Einzelprüfwerte heranzuziehen.
Gute Ergebnisse auch an niedrigfesten Bestandmörtel zeigt das Stempeldruckverfahren, wo in mehreren Arbeiten die Grundidee des in Aachen vorgeschlagenen Prüfverfahrens adaptiert wurde und die Ergebnisse durch umfangreiche Vergleichsversuche abgesichert wurden. Die Prüfwerte, die man an mit 5 mm Gipsschicht abgeglichenen Mörtelplättchen erhält, werden mittels Umrechnungsfaktoren aus entsprechenden Korrelationskollektiven unter Berücksichtigung der Lagerfugendicke auf die Festigkeiten am Norm-Mörtelprisma umgerechnet.
Mörtelprüfung – Eindringprüfung
In Weiterführung der Idee der Ziegelprüfung mittels des Rückprallhammers wurde ein Verfahren zur Bestimmung der Mörteldruckfestigkeit mit anschließender Umrechnung auf die Festigkeit am Normprisma entwickelt und durch vergleichende Versuche abgesichert. Wie die Forschungen an der TU-Wien zeigten, ist eine genauere Bestimmung der Mörtelfestigkeit direkt aus der Rückprallenergie des Prüfhammers zwar nicht möglich, jedoch können aus dem Eindringverhalten einer adaptierten Prüfschneide brauchbare Zusammenhänge abgeleitet werden.
- Bei Anwendung eines Eindring- oder Rückprallverfahrens zur Bestimmung der Mörteldruckfestigkeit sind nach ÖNORM B 1996-3 je Probestelle mindestens 10 Einzelversuche auszuwerten.
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