Silvia Renezeder: Neue Lebensformen mit Ziegel
Neue Lebensformen, neue Arbeitsformen, neue Familienstrukturen und ein geändertes Freizeitverhalten werden in Hinkunft neue Gebäudetypen erfordern, die den Ansprüchen der kommenden Generation gerecht werden. Der Verband Österreichische Ziegelwerke führte zu diesem Thema nachfolgendes Gespräch mit Frau Dr. Silvia Renezeder von der SEG.
Frau Dr. Renezeder, Sie sind geschäftsführende Gesellschafterin der SEG Stadterneuerungs- und Eigentumswohnungsges.m.b.H., einem der größten gewerblichen Bauträger im Wiener Raum. Worin sehen Sie in der Zukunft Ihre wesentlichsten Aufgaben für den Wohnbau?
Unsere Aufgabe als Bauträger ist es, gerade im großvolumigen sozialen Wohnbau heute jene Stadtstrukturen zu entwickeln, die den Bedürfnissen in etwa 5 bis 10 Jahren oder länger entsprechen.
Mit der Planung der Gebäude für die Zukunft übernehmen wir die Verantwortung für die möglichen Lebensformen in diesen Gebäuden. Je stärker die Bedürfnisse des Familienlebens entsprechend dem jeweiligen Lebensstil bzw. –abschnitt mit Freizeit-, Arbeitswelt im räumlichen Zusammenhang verknüpft werden können, desto besser wird sich dies auf die Mobilität in den stadträumlichen Gebieten auswirken. Die neuen Stadtteilprojekte gehen bereits im großen Umfang auf diese sozialen bzw. infrastrukturellen Bedürfnisse ein. Kindergärten, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten sind meist schon selbstverständlich.
Wie können Sie verhindern, dass diese gut ausgestatteten Familiengebiete zu "grünen Inseln" am Stadtrand werden?
Um dies zu verhindern müssen diese Gebiete um viele weitere Funktionen ergänzt werden. Kulturelle Einrichtungen, Veranstaltungshallen, Theater, Kinos, Ausstellungsflächen, Galerien etc. sowie Arbeitsplätze, Büro- und Gewerbeflächen, Freizeit-, Sport- und Tourismusangebote müssen geschaffen werden.
Wie kann das finanziert werden?
Die derzeitige Wohnbauförderung, die primär auf den Wohnbau ausgerichtet ist, und gewisse infrastrukturelle Einrichtungen anteilsmäßig mitfinanziert, wird für diese ergänzenden Nutzungen nicht ausreichen.
Es sollte daher für die zukünftige Verbesserung der Stadtstruktur neben der Wohnbauförderung weitere Förderungsmöglichkeiten geben, um Impulse für diese Entwicklung auszulösen.
Auf Grund der derzeitigen Marktlage im geförderten Wohnbau besteht ein ausreichendes Angebot an Neubauwohnungen in Stadtrandlagen. Wie sieht es im innerstädtischen Bereich aus.
In innerstädtischen Bereichen ist die Neubautätigkeit in den letzten Jahren stark zurückgegangen, andererseits ist die innerstädtische Lage nicht zuletzt auch auf Grund der guten U-Bahn-Erschließung ein sehr attraktiver Bereich für die Konsumenten.
Es ist daher das Ziel, die Förderungsmittel verstärkt auf die Verbauung der innerstädtischen Bereiche zu konzentrieren. Dies bedeutet unweigerlich geringere Wohnbauleistung, da die in den innerstädtischen Bereichen gelegenen Objekte überwiegend kleinteilig und zusammenhängende Flächen schwer zu erwerben bzw. zu arrondieren sind.
Die bestehenden Bestandswidmungen lassen Verbauungsdichten zu, die eine sehr intensive Ausnützung der Baublöcke ermöglichen. Zugunsten einer besseren Verwertbarkeit von Wohnungen sollte aber auf die volle Ausnützung möglicher Trakttiefen bzw. Gebäudehöhen in Zukunft verzichtet werden. Dies wird den Wohnbau in den innerstädtischen Gebieten vom Grundkostenanteil her nicht verbilligen, wie auch der Neubau in den innerstädtischen Gebieten auf Grund der Baustelleneinrichtungen, Baukörperformen und Größe des Objektes mit den Baukosten am Stadtrand in keiner Weise wird Schritt halten können.
Welche Rolle spielt der Baustoff in der Vermarktung der Wohnungen?
Die auf dem österreichischen Wohnungsmarkt herrschenden Marktbedingungen stärken die Position des Kunden. Wünsche und Bedürfnisse rücken damit ins Zentrum der Marketingstrategien. Den Qualitätswünschen unserer Kunden kommen wir durch den Baustoff Ziegel entgegen. Der Ziegel ist ein wichtiger Faktor für das Wohnklima, den Schallschutz, die langfristige Wartungsfreiheit und die Werterhaltung des Gebäudes, und damit ein wichtiger Faktor in der Verkaufsargumentation. Die Aufgabe des Bauträgers besteht darin, dem Kunden die Bedeutung der Qualität aufzuzeigen und transparent zu machen.
Wo sehen Sie die künftigen Einsatzgebiete des Ziegels?
Die Menschen tendieren immer mehr zu überschaubaren Wohnanlagen. Hier sehe ich eine wesentliche Zukunftschance für den Ziegel. Es ist ein bewährter Baustoff, der neben anderen Materialien seine Rolle als Wandbildner immer behalten wird. Bei großvolumigen Bauvorhaben verwenden wir auch andere Baustoffe, aber gerade bei kleineren Objekten zieht die SEG den Ziegel als Baustoff vor.
Ein repräsentatives Beispiel ist die Wohnhausanlage in Wien 10, Untere Kaistraße. Hier wurden 44 Wohnungen in 6 Baukörper aufgeteilt. Die Wohnungen sind ca. zwischen 55 und 127 m² groß und wurden selbstverständlich in Ziegelbauweise errichtet. Die Zufriedenheit der Bewohner gibt uns recht.
Frau Dr. RENEZEDER, danke für dieses Interview!