Christian Abel: Lebensqualität mit Ziegel
Bei der Arbeit von Dipl.-Ing. Arch. Christian Abel steht immer der Bauherr im Mittelpunkt.
Vom Verband Österreichischer Ziegelwerke wurde folgendes Interview über Bedürfnisse und Lebensqualität geführt:
Herr Architekt Abel, Sie sind ein sehr engagierter Architekt. Sie arbeiten aber kaum mit aufsehenerregender Architektur. Woher kommt das?
Mit den Trends der sogenannten modernen Architektur habe ich meine Probleme. Diese dienen doch nur zur Selbstverwirklichung der Architekten. Sich eigene Denkmäler zu errichten kann und darf nicht Aufgabe der Architekten sein.
Ich sehe meine Aufgabe darin, ein Haus zu schaffen, das dem Bauherrn gefällt. Er ist der zukünftige Bewohner und Nutzer des Hauses. Er gibt sehr viel Geld aus – ich bin nur der Berater.
Die Wünsche der Bauherren sind sehr unterschiedlich, da wird es problematisch sein auf die individuellen Bedürfnisse einzugehen. Wissen Sie immer, was der Bauherr will?
Das ist im Grunde die Schwierigkeit: zu erfahren was er wirklich will – nicht vorgibt angeblich zu wollen. Erst durch intensive Gespräche finde ich oft heraus, welche Lebensbedürfnisse die Bauherren haben und welche Anforderungen an das künftige Wohnen gestellt werden.
Wohnen ist mehr als Essen und Schlafen; es ist Regenerierung von Körper und Geist. Wohnen ist auch Arbeiten im Haushalt, mit Kindern Schulaufgaben machen und spielen, aber auch Kommunikation mit der Familie.
Ich kann ein Haus so planen, dass die Mutter im Keller die Wäsche macht und das Kind im 1. Stock alleine spielt; oder ich schaffe im Erdgeschoß einen Bereich wo beides stattfinden kann.
Die Familienmitglieder haben meist ohnehin genug Probleme: Streß, Beruf, Schule, ... Mein Verständnis von Architektur ist ein Haus so zu planen, dass alles selbstverständlich funktioniert ohne aufzufallen. Eine durchdachte, auf die Familienmitglieder abgestimmte Planung kann das Zusammenleben fördern. Wenn mir das gelingt, dann habe ich gute Arbeit geleistet.
Sie sprechen sehr stark die Familienbedürfnisse an. Diese ändern sich. Kinder ziehen weg oder samt eigener Familie in das alte Haus ein. Wie reagieren Sie auf solche Veränderungen?
Die Familien ändern sich, damit auch die Bedürfnisse. Den neuen Anforderungen muss auch das Haus Rechnung tragen. Zu- und Umbauten müssen problemlos erfolgen können. Hier kommen die Vorteile von Ziegelbauten sehr stark zum Tragen. Sie haben auch nach vielen Jahren eine sehr gute Substanz und sind veränderbar. Andere Bauweisen sind da oft zum Abbruch bestimmt. Ziegelhäuser kann ich sehr leicht ohne statisches Risiko und optischen Einbußen den neuen Gegebenheiten anpassen. Das begründet auch die Wertbeständigkeit von massiven Ziegelbauten.
Mit der Einstellung mancher Hausbauer "mich muss es überleben" kann ich nichts anfangen. Diese Menschen bauen schnell ein Fertighaus, so schnell und billig wie möglich – und nach ihnen die Sintflut. Genau so sehen viele dieser Häuser auch aus.
Sie sind auch Ortsbildsachverständiger für verschiedene umliegende Gemeinden und denken daher auch in die Zukunft. In welchen Zeiträumen planen Sie?
Wir sollten lernen so zu bauen, dass ich mir ein Haus auch nach 30 Jahren noch anschauen kann. Ich baue nicht nach modischen Gesichtspunkten. Entscheidend ist, ob das Gebäude in die Umgebung passt. Das Orts- und Landschaftsbild ist mir sehr wichtig. Ein positives Beispiel dafür ist Graz mit seinen einheitlichen Ziegeldächern. In Florenz würde kein auch noch so prominenter Architekt auf die Idee kommen diese harmonische Ziegeldachlandschaft durch andere Materialien zu zerstören. Bei der Restaurierung von alten Gebäuden verwende ich oft die alten Dachziegel mit. Die Ziegeldeckung lebt und ist wesentlicher Bestandteil der Ortsbildpflege.
Bei meiner Arbeit als Architekt und Ortbildsachverständiger habe ich eine gleiche Zielsetzung: Ein neues Gebäude soll so ausschauen, als wäre es schon immer da!
Sie bauen fast ausschließlich mit Ziegel. Was schätzen Sie am Ziegel und wie beurteilen Sie seine Zukunft als Baustoff?
Ziegel ist ein bewährter Baustoff. Die Menschen haben gelernt damit umzugehen. Mit neuen Baustoffen kommen auch neue Probleme wofür die Handwerker unzureichend ausgebildet sind. Der Holzriegelbau hat in dieser Region bei den Leuten keine Chance. Diese Bauweise hat immer noch ein sehr schlechtes Image.
In der Südsteiermark ist natürlich die sommerliche Überhitzung ein Thema. Hier schlägt der Ziegel sicher alle anderen Baustoffe. Die Frage ist nur ob 38cm oder 45cm Wandstärke gewählt werden. Gute Dämmeigenschaften kombiniert mit der hervorragenden Speicherfähigkeit schaffen ein angenehmes Raumklima – und das trägt wiederum zur Lebensqualität bei. Außerdem ist er ein gebietstypischer, natürlicher Baustoff. Ich werde auch weiterhin mit dem Ziegel arbeiten.
Eines Ihrer derzeitigen Projekte ist ein Hotel. Der Baubeginn ist für das Jahr 2000 vorgesehen. Welche Maßstäbe werden hiebei angesetzt?
Die gleichen wie bei einem Einfamilienhaus. Der Gast muss sich in seinem Urlaubsort und daher auch in seiner Unterkunft mindestens so wohl fühlen wie zu Hause. Sein Zimmer sollte das Flair eines Wohnzimmers haben und das Gebäude mit der Landschaft harmonieren, also gebietstypisch sein.
Herr Architekt, danke für dieses interessante Gespräch!