x

Gert Mayr-Keber: Ziegel + WD + Haustechnik = Passivhaus!

Am Wienerberg entsteht ein innovativer Wohnbau. Das Planerteam Mayr-Keber (Architektur) / Schütz (Haustechnik) / Proksch (Grünraum) beteiligte sich 1999 gemeinsam mit der anbietenden Genossenschaft GEBÖS am Bauträgerwettbewerbsverfahren und wurde mit einem ersten Preis ausgezeichnet.

 

Der Verband Österreichischer Ziegelwerke führte mit Herrn Arch. MAYR-KEBER das folgende Gespräch.


Herr Architekt Mayr-Keber, was ist für Sie Architektur?

Die Frage ist zu weit gesteckt. Als Architekt steht für mich das Kriterium der Qualität im Vordergrund. Beispielsweise die Raumqualität, die Plastizität, die Umsetzung menschlicher Lebensräume. Architektur ist nicht die Wiederholung bestimmter fixer Lösungsansätze. Architektur ist eine eigene Sprache, das Vokabular eines Architekten. Wobei nie die Funktionalität und die humanitären Ansprüche übersehen werden dürfen. Die Architektur ist in gewisser Weise mit einem Schuh vergleichbar: auch dieser hat nicht die Freiheit, dass er nicht passt. In erster Linie muss er auf den Fuß maßgeschneidert sein, erst in zweiter Linie kann er visuellen Ansprüchen genügen.
 

Sie planen zur Zeit ein großes Bauvorhaben am Wienerberg. Hier sollen ca. 100 Wohnungen errichtet werden. Als Bauträger fungiert die GEBÖS, ein gemeinnütziger Bauträger. Welche Kriterien gilt es bei diesem Projekt zu erfüllen?

Gerade solche Bauvorhaben sind eine planerische Herausforderung. Hier muss Wohnqualität für anonyme Nutzer geschaffen werden. Es gilt, zu große Anonymität zu verhindern und die persönliche Identifikation des Einzelnen zu ermöglichen.
Ausgehend von den städtebaulichen Vorgaben wurde ein zehngeschoßiger Baukörper mit drei Stiegenhäusern entwickelt, wobei den ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten ein hoher Stellenwert eingeräumt wurde.
Diese ökologische Vorgabe, ein mehrgeschoßiges Haus mit Passivenergie zu entwerfen, bedeutet eine Abkehr von einer völlig geöffneten transparenten Hülle, ist sozusagen eine Aufforderung zur traditionellen Lochfassade mit Mauerwerk.


Dieses Wohngebäude wird also als Haus mit Passivenergie konzipiert. Wie soll dieses Konzept umgesetzt werden.

Passivhäuser sind laut Definition solche, deren Heizwärmebedarf < 15 kWh/m²a beträgt. Der Rest-Wärmebedarf wird in der Regel alleine durch die kontrollierte Wohnraumlüftung abgedeckt. Dies erzielen wir durch eine hochwärmedämmende Gebäudehülle aus den ökologisch einwandfreien Materialien Ziegel und Mineralfaser in Kombination mit teilweiser Fixverglasung und heizen das Gebäude alleine über die Lüftungsanlage. Bei der Haustechnik arbeiten wir mit dem Zivilingenieurbüro für Energie- und Umwelttechnik von Herrn DI. Dr.tech. Schütz zusammen und setzen das „UMES®„ praktisch um.


UMES®„? Wofür steht das und was bedeutet es?

UMES® steht für Umweltfreundliche Minimal Energie System. Der Grundgedanke lässt sich vereinfacht so ausdrücken: In einem ersten Schritt wird der gesamte notwendige Einsatz von Energie und Ressourcen durch verschiedene Maßnahmen minimiert. Zielsetzung des zweiten Schrittes ist es, diesen minimierten Bedarf, bis auf einen geringen Restbetrag, durch alternative Systeme abzudecken.
Natürlich weist unsere Haustechnik die üblichen Komponenten von Passivenergiehäusern auf, d.h. Erdluftbrunnen, Gegenstromwärmetauscher, Nachheizregister und hochwirksame Ventilatoren.


Sie haben auch konstruktiv eine interessante Lösung gewählt.

Aus statischen Gründen haben wir eine Stahlbetonkonstruktion mit Ziegelausfachung gewählt. Der Ziegel bildet zusammen mit der Wärmedämmung den Wandbaustoff für optimales Raumklima - außen hohe Dämmung und innen hohe Speicherfähigkeit. Die zwei oberen, etwas zurückversetzten Geschosse, werden in reiner Ziegelbauweise errichtet. Hier werden acht Maisonetten und vier Geschoßwohnungen bestmögliche Wohnqualität bieten.


Bei der Fassade setzten Sie auf architektonische Gestaltungsfreiheit. Wie wird dieses Wohnprojekt aussehen?

Die Sockelzone, wie auch die stirnseitigen über alle Geschosse durchlaufenden Fassaden sind mit Sichtziegelmauerwerk verblendet, die längsseitigen Fassadenflächen der Hauptgeschosse werden in geputzter Ausführung ausgeführt, der gewellte, vorspringende Fassadenteil aus Trapezblech hergestellt. Die beiden aufgesetzten Dachgeschosse erhalten eine hinterlüftete Fassade.


Alles in allem verwenden Sie hier sehr viel Ziegel. Für die Ausfachung der Hauptfassaden, für die Innenwände und auch als Gestaltungselement für die Fassade. Warum?

Der Ziegel ist für mich ein hervorragender Baustoff, als sichtbarer Bauteil ein Material mit positivem visuellen Charakter und schönem Alterungsprozeß. Aus meiner Sicht liegt im Thema der sichtbaren Oberflächengestaltung im Bereich der vertikalen bis hin zur horizontalen Bekleidungen unterschiedlichster Art ein wichtiges Zukunftspotential für dieses Produkt.

 

Wir freuen uns über die Umsetzung dieses innovativen Wohnbaus am Wienerberg, wünschen Ihnen und dem gesamten Planungsteam viel Erfolg bei der Umsetzung und danken für dieses Gespräch.