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Stephan Ferenczy: Klinker - Architektur in Österreich

Erich Bernard, Armin Ebner, Susi Hasenauer und Stephan Ferenczy haben die Anfangsbuchstaben ihrer Familiennamen zur Bezeichnung des Architekturbüros BEHF zusammengefügt. Das war 1995.
Heute besteht das BEHF-Team aus rund 40 Architekten, Multimediadesignern, Künstlern und verfügt über ein eigenes Team für Projektmanagement und Bauabwicklung. Damit hat der Bauherr die Möglichkeit alles aus einer Hand zu bekommen, von der Planung bis zur Abwicklung und Fertigstellung eines Projektes.
Unter den aktuellsten Umsetzungen sind neben dem Cinema Paradiso auch Projekte wie das Quartier 21 im Museumsquartier Wien, das Volkskundemuseum Joanneum in Graz, die Halle Rigler in Waidhofen a.d. Ybbs, das Stadtbauamt Krems und das bekannte Restaurant Fabios in Wien zu erwähnen.

 

Der Verband Österreichischer Ziegelwerke führte mit Herrn Arch. Ferenczy  das folgende Gespräch.



Sie sind in Hamburg geboren. Was fällt Ihnen zu den Stichworten Hamburg und Ziegelsichtmauerwerk ein?

Ich bin zwar in Hamburg geboren und aufgewachsen, mein architektonischer Hintergrund ist aber auch ein wienerischer.
Mein Zugang zu dem Baustoff Ziegel ist ebenso von einer nordeuropäischen, wegen seiner bauphysikalischen Vorteile bevorzugten Material- und Fassadenkultur geprägt, wie von den beachtenswerten historischen Ziegelbauten in Wien, z.B. von Ferstel an der Ringstraße oder von Siccardsburg und van der Nüll im Arsenal.


Als Architekt mit Hamburger Ursprüngen ist Ihnen die Klinkersichtfassade gut bekannt. Auch am Standort Wien hat der Ziegel eine sehr große Tradition. Gibt es in der Architektur, im Entwurf und in der gebauten Realität Parallelen zwischen den beiden Städten Hamburg und Wien?

Interessant ist für mich, daß offensichtlich nie auf die Ziegel-Fassade verzichtet werden konnte und es daher in beiden Regionen durchaus vorzügliche Beispiele aus allen Epochen, auch und besonders für moderne Architektur gibt.

Da ist für mich als herausragendes formales Beispiel in Hamburg der von Fritz Höger 1924 sehr expressiv und modern konzipierte Bürokomplex Chilehaus. In Wien gibt es neben zahlreichen anderen Beispielen einen sehr qualitätvollen und wunderbar sachlichen Anbau an die Universität für Angewandte Kunst von Karl Schwanzer aus den 1960ern. Ziegel ist also nicht ausschließlich ein altmodischer oder zwingend gediegener Baustoff irgendwo aus der Zeit, als Böhmen noch bei Österreich war.

Wien hat eine großartige und sehr lebendige Ziegelgeschichte, das ist ja auf Schritt und Tritt sichtbar. Die Landmarks Gasometer und Arsenal sind hier nur die zwei bekanntesten und schon etwas historischen Beispiele.
Leider ist die Architekturqualität von Ziegelfassaden in Wien inzwischen tatsächlich ziemlich dünn geworden. Das zweischalige Sichtziegelmauerwerk wird in anderen Regionen wesentlich öfter und intelligenter eingesetzt.


Worin sehen Sie als Architekt die großen Vorzüge einer Massivbauweise (mit Klinkern)?

Die Vorteile der Massivbauweise mit Klinkern liegen bekanntermaßen in der Wertbeständigkeit, im Schall- und Wärmeschutz, in der Speichermasse und in den günstigen klimatischen Eigenschaften.
Man könnte noch den Vorteil des Naturprodukts Ziegel erwähnen, noch wichtiger ist mir aber die Gradlinigkeit der Ziegelfassade sowie das Modul Ziegel selbst als kleinste teilbare Einheit einer von profunder Logik und Gesetzmäßigkeit bestimmten Struktur, die Präzision und saubere Planung verlangt. Genau das beherrschen wir bei BEHF.


Sollte eine Architektursprache mit Klinkersichtfassaden zwischen Wohnbau, Büro- und Industriebau oder öffentlichen Bauten unterscheiden?

Ich kann mir spontan keinen Gebäudetyp vorstellen, wo der Einsatz der Klinkersichtfassade keine Anwendung finden sollte. Grundsätzlich folgt ja die Form immer einer Funktion.

Die Wahl des Baustoffs Ziegel bzw. der Sichtziegelfassade kann dabei natürlich nicht willkürlich erfolgen, meistens bezieht sie sich auf eine Umgebung oder auf eine Qualität.


Das „erste Wiener Klinkerprojekt“ Ihres Büros war ein Bauträgerwettbewerb für ein Passivhaus. Welche Überlegungen gab es für die Idee, dieses Projekt mit Klinkersichtfassade zu planen?

Unser erstes vom Fassaden-Baustoff Ziegel dominiertes Projekt war der Wohnbau-Beitrag zum Bauträgerwettbewerb Monte Laa, den wir in Kooperation mit ARTEC für WBV-GPA geplant haben.

Wir haben den Bauträgerwettbewerb Passivhaus am Kammelweg gemeinsam mit den Kollegen Martin Rührnschopf und Christian Steiner, sowie mit dem Bauphysiker Dr. Manfred Bruck für Kallco-Projekt entwickelt. Dabei bestand die Herausforderung in der möglichen Innovation einer Ziegelfassade, die durchaus realisierbar ist und für den Bauträger, den Bauphysiker, den Statiker und natürlich den Architekten sehr interessante Aspekte besitzt.

Für BEHF war bei diesem Projekt die strenge kantige und monolitische Formulierung des Bauvolumens eines Passivhauses wesentlich. Eine sachliche und sehr homogene Fassade war unser Ansatz, eine vom klassischen Ökologie-Image befreite Passivhaus-Architektur zu entwickeln.


Was war aus Wandsystemsicht die Besonderheit dieses Projekts?

Der Wandaufbau für die Außenfassade aus vorgefertigten Klinkerziegel-Außenelementen, der Vakuumdämmung zwischen Sandwich-Wärmedämmplatten sowie der Ziegelinnenwand, ist mit einer Stärke von nur 33 cm bei einem U-Wert von 0,14 W/m2K äußerst vorteilhaft. Interessant ist auch der Arbeitsweise von Außen nach Innen.
Wegen des Interesses der Bauindustrie an diesem Thema haben wir unseren Beitrag mit einer schnellen und sauberen Fertigteilbauweise als sehr zukunftweisend - besonders für eine wirtschaftliche und qualitätvolle Passivhaus-Entwicklung - verstanden.


Gibt es aktuell ein weiteres „Klinkerprojekt“ Ihres Büros in Wien?

Ja. Wir planen und errichten zur Zeit einen relativ kleinen aber um so anspruchsvolleren geförderten Wohnbau mit 14 Wohneinheiten für die WBV-GPA in der Kollmayergasse in Meidling.

Bei diesem Projekt werden eine kraftvolle erdfarbene Ziegelfassade und hellweißer Putz im Wohnraum ein spannungsreiches klar definiertes Verhältnis von Innen- und Außenräumen herstellen.
Wir gliedern durch großflächige, der Materie Ziegel entsprechende tiefe Ein- und Ausschnitte den betont kantigen Baukörper, die teilweise arhythmische Fensteranordnung folgt konsequent den inneren Funktionen.

Eine langgezogene horizontale Ziegelwandscheibe im Erdgeschoß fungiert als Trennung zwischen halböffentlichem und Privatgarten, sie verlängert den Ziegelkörper in den rückwärtigen Freiraumbereich und schafft eine Anbindung an die existierenden Ziegelwände im Hof.


Warum dieses Projekt mit Klinker und welche Erfahrungen haben Sie als Architekt mit den Kosten einer Klinkerfassade?

Die Verwendung von Ziegel im konstruktiven Hochbau, ebenso wie bei der Fassade, scheint für uns im Wohnbau im wesentlichen aus atmosphärischen Gründen sehr sinnvoll. Der Ziegel ist ein wertvoller, bewährter und authentischer Baustoff.
BEHF setzt Baustoffe immer sehr einheitlich ein. Wir haben den flügelgeglätteten Estrich als Fertigboden mit großformatigen Kassenblöcken aus Beton als starke Positionierung und Auftritt für Flagship-Outlets kultiviert. Und wir haben im Office- und Geschäftshausbereich zweischalige Sichtbetonfassaden ausgeführt, wo folglich die Innenräume, ebenfalls in Beton ausgeführt, mit dem Außenraum verschmelzen.

Es gibt viele Beispiele von BEHF, die mit zahlreichen anderen Baustoffen vergleichbar konsequent umgehen, z.B. ein an Wand, Boden und Decke vollständig mit Polyurethan beschichtetes Badezimmer oder ein in amerikanischen Edelholz „eingehauster“ Gastronom in der Wiener Innenstadt.

BEHF will mit der Dominanz eines Materials eine Konzentration auf das Wesentliche erzielen, Einfachheit und Markanz.

Beim Wohnhaus Kolllmayergasse haben wir uns für eine strenge Verwendung von Ziegeln entschieden, weil die Qualität, die Durabilität einer Klinkerfassade und die damit verbundene Wirtschaftlichkeit nachvollziehbar sind. Qualität ist Wirtschaft, das verstehen unsere Bauherren.


Es erscheint die gute Fee und gibt Ihnen einen unbeschränkten Bauetat für ein Projekt. WELCHES Projekt würden Sie WO mit WELCHER Architektur gerne realisieren?

Offen gesagt irritiert mich diese Vorstellung. Ich bin vom Erfolg einer Unternehmung durch gleichmäßig im Projekt verteilte Kräfte überzeugt. Dazu gehört auch ein ausgewogener Etat, unsere Projektbilanz bestätigt das. Sollte mir die gute Fee erscheinen, würde ich mir dynamische, kompetente und partnerschaftliche Beteiligte für ein Projekt wünschen. Bei BEHF bedarf es dazu aber zum Glück keiner guten Fee...

Der Verband Österreichischer Ziegelwerke dankt für die interessanten Ausführungen und wünscht Herrn Arch. Mag. Ferenczy und BEHF viel Erfolg!