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Ernst Linsberger: Zwischen Wachau und Waldviertel

Interviewpartner ist Architekt Ernst Linsberger, er wurde 1957 in Mank, Niederösterreich, geboren. Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste in Wien, Meisterklasse Prof. Roland Rainer und Prof. Timo Penttilä, danach freie Mitarbeit in Architekturbüros. Es folgte 1989 die Gründung eines eigenen Architekturbüros und dann 2001 die Architekt Ernst Linsberger ZT-GmbH.

 

Was hat Sie an der Lehre der beiden Professoren Rainer und Penttilä an der Akademie am meisten beeindruckt?

Die von Roland Rainer permanent vorgetragene Präsenz des „menschlichen Maßstabes“ bei jeder Art der Wissensvermittlung, ob bei der Korrektur eines vorgelegten Entwurfs, einen seiner Dia-Vorträge oder bei gemeinsamen Architekturreisen. Das „Warum“ sieht ein Gebäude so oder so aus, war eine äußerst ernst zu nehmende Disziplin während der Ausbildung und sie ist es für mich bis heute geblieben. Die Werke Timo Penttiläs waren von derselben Inhaltlichkeit geprägt und verwendeten ein ähnliches architektonisches Vokabular. Es gab dadurch keinen wirklichen Bruch in der Wissensvermittlung.

Wirken die Lehren noch nach bzw. können diese im aktuellen Planungsgeschehen verwendet werden?

Natürlich ist die Schmiede, aus der man kommt, ein nicht unwesentlicher Teil in der eigenen Formfindung, zumal ich die Ausbildungsstätte bewusst gewählt habe. Im aktuellen Planungsprozedere und in der gegenwärtigen Praxis des Baugeschehens scheinen die menschlichen Bedürfnisse zwar immer berücksichtigt und in der Bewerbung des Produktes explizit hervorgehoben, aber die Ergebnisse in gebauter Form sind oft Zeugnis einer anderen Absicht. Wie laut muss ein Gebäude schreien, um zumindest kurze Zeit im Ranking des Hier und Jetzt gehört zu werden? Ich denke, dass zugunsten dieses marktschreierischen Auftretens nicht selten Bedürfnisse künstlich entwickelt und der „menschliche Maßstab“ bewusst verletzt werden, um noch populistischer zu wirken. Mir bereitet es jedoch immer große Freude, wenn ich zurückhaltende und dennoch spannende und ihrem Inhalt entsprechende Architektur gebaut erlebe.

Mit TONDACH Gleinstätten wurde bei Engelsdorf (Nähe Eggenburg, NÖ) ein Kunstprojekt realisiert. Worum geht es hier?

Das Kunstprojekt DACHBILDER wurde als eines der Projekte für das NÖ Viertelfestival 2006 mit dem Motto Ruhe:los ausgewählt. Inhaltlich geht es darum, die Medienbilder, die via TV in unsere Häuser gelangen, auf die Dächer der Häuser zu projizieren. Wer bei uns ein Dach über dem Kopf hat, fühlt sich sicher genug, um die Aufregungen, Katastrophen und Irritationen der Welt ins Haus zu lassen. Auf Distanz: in Form medialer Bilder. Die Frage ist natürlich, ob sich das so leicht wie ein Klick an der Fernbedienung ausblenden lässt.

Mit Ihrem Projekt „Hofhäuser Krems- Egelsee“ haben Sie beim „Austrian Brick and Roof Award 2008“ den Award in der Kategorie Steildach mit Tondach erhalten. Wie schwierig war der Weg von den ersten konzeptionellen Überlegungen bis zur Planfreigabe durch den Bauherrn?

Da ich mit selbigen Bauherren bereits eine Siedlung in Krems in der Form von aneinander gereihten Hakenhäusern realisiert habe, und bereits ein approbierter Architekturdiskurs stattgefunden hat, eigentlich ein Leichtes. Die Wahl auf ein Steildach fiel auf Grund der dörflichen Struktur und des relativ großen Grundanteils pro Haus, wo ausreichende Belichtung auch bei einem Steildach gesichert ist.

Wie würden Sie die Anlage beschreiben?

Die relativ kleine Anlage in Egelsee, einem ländlich geprägten Vorort von Krems, nimmt die regionale Tradition der geschlossenen Fronten und Giebeldächer auf und interpretiert sie zeitgemäß. Die zehn L-förmigen Häuser werden durch zwei Nord-Süd verlaufende Straßen erschlossen, wobei jedem Haus ein überdachter Abstellplatz für zwei Autos (notwendig bei dieser Stadtrandlage) zugeordnet ist. Die Häuser werden wahlweise durch den Garten (Typ 2) oder vom Carport (Typ 1) betreten. Obwohl sie nicht unterkellert sind, besitzt dennoch jedes Haus ausreichend Abstellräume. Diese sind – das natürliche Gefälle des Grundstücks nutzend – jedem Haus jeweils einen Meter unter dem Wohnniveau zugeordnet und durch oben liegende Fensterbänder zum Dach abgesetzt.

Was würden Sie besonders herausstreichen?

Gedeckt wurde mit einem roten Großformatziegel und einer einheitlichen Dachneigung von 33 Grad. Verstärkt wird der „rote“ Eindruck durch die 1,80 Meter hohen Umfassungsmauern aus Sichtziegelmauerwerk, die die Gärten zu sehr intimen und uneinsehbaren „grünen Zimmern“ werden lassen. Dachvorsprünge und verschiebbare Sonnenschutzlamellen aus Holz sorgen für Lichtschutz im Sommer. Die großzügige Dimensionierung der Gärten ermöglicht auch die Erwärmung durch die tief stehende Wintersonne.

Gab es besondere Gründe für diese Art der Dachdeckung aus Tondachziegeln (das Modell) bzw. für die Farbe?

Die Farbe der Dachdeckung und die Farbe der Gartenmauern mussten einheitlich erscheinen und sollten die vertraute Ziegelfarbe dieser Region haben.

Welche Klinker wurden für die Wände verwendet und wie war die Erfahrung bei der Errichtung?

Gerumpelte, das heißt Klinkersteine, wo die Kanten gebrochen sind. Die Erfahrung zeigte, dass es nicht einfach ist, in Österreich Handwerker zu finden, die eine entsprechende Qualität der Ausführung gewährleisten. In Egelsee wurden die Sichtziegelwände von einer Maurerpartie aus Norddeutschland durchgeführt.

Welche Reaktionen gibt es bei den Besitzern, dem Bauträger, den Nachbarn, den Kollegen?

Bislang durchwegs positive.




Vielen Dank für das interessante Gespräch mit dem Verband Österreichischer Ziegelwerke!