x
Kroisleitner

Prälat Rupert Kroisleitner: Verborgene Schätze unter neuer Eindeckung

Interviewpartner ist<span > Prälat Rupert Kroisleitner, 54. Probst des Stiftes (im Jahr 2000 wurde Mag. Rechberger zum 55. Probst gewählt), Stiftsdechant und Ökonom des Augustiner-Chorherrenstift Vorau in der Steiermark.
Das Stift Vorau ist eingebettet in die reizvolle Landschaft des Jogllandes und wurde im Jahre 1163 gegründet, um ein Zentrum des Gebetes der Seelsorge, und der Bil-dung sowie der Kultur zu sein.

Bevor ich bei meinen Fragen zum Stift komme, was ist das Joglland?

Das Joglland ist ein Gebiet um die Ortschaft St. Jakob im Walde, Vorau liegt eher am Rande. In der Legende fuhr Kaiserin Maria Theresia durch das Land und hat die Art der Leute bewundert. Sie hat dann einen Diener zu den Leuten auf den Acker ge-schickt, um nach dem Namen zu fragen – die Antwort lautete „ Jogl (Jakob) hoaß i“.

Fast 850 Jahre Stift Vorau, was sind die wesentlichsten Daten?

Im Jahr 1163 ist das Stift Vorau durch Markgraf Otaker III gegründet worden, um die Besiedlung und vor allem die seelsorgerische Betreuung des Raumes, ungefähr 25 km um das Stift herum, zu gewährleisten und das ist bis heute der Fall. Zwei mal wurde es durch Brände zerstört und wieder neu aufgebaut. Erfreulich war die Errich-tung einer Hauptschule im Stift nach dem Krieg, nachdem die Chorherren durch das NS-Regime von 1940 bis 1945 enteignet wurden. Nach Kriegsende übernahm das Kloster wieder seine ursprünglichen Aufgaben und nahm das zerstörte Stift im Be-sitz.

Ist die Erhaltung der Werte, der Bausubstanz ein andauernder Prozess?

Das Stift, vor allem der Bereich der Vorgebäude, ist während der letzten Kriegswirren fast vollständig abgebrannt. In der Wiederaufbauzeit, von 1945 bis 1955, musste fast der gesamte Dachstuhl und das Dach erneuert werden. Nach 1955 haben die soge-nannte Renovierungsphase und Restaurierungsphase, mit der Renovierung der gro-ßen Stiftskirche begonnen. Es begann mit der Reinigung, der Fresken, der Ausbes-serung und Erneuerung von vergoldeten Statuen und einer entsprechenden Gestal-tung des Gottesdienstraumes. All dies war und ist ein andauernder Prozess, unter-schiedlicher Intensität. Ein gewisser vorläufiger Abschluss ist die Neueindeckung des Stiftsdaches vom Hauptgebäude.

Die Handschriften der Bibliothek reichen bis in 9 Jahrhundert zurück, welche sind besonders hervorzuheben?

Vielleicht die sogenannte Vorauer Handschrift aus dem 12. Jahrhundert, die erste Sammelhandschrift (mit deutschen Gedichten), die Vorauer Kaiserchronik – eine po-etische Kaisergeschichte von Julius Caesar bis zum zweiten Kreuzzug.
Besonders zu erwähnen ist auch das Vorauer Evangeliar, aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts mit seinen prächtigen, ganzseitigen Evangelistendarstellungen, oder das vierbändige Riesenantiphonar (jeder Band wiegt 22 kg) mit 113 großen, gemalten und zahllosen Schwarzweißinitialen, eine böhmische Arbeit aus der Zeit um 1360. Die im Jahre 1467 geschriebene Volksbibel ist mit ihren über 550 Miniatu-ren die mit Abstand am reichhaltigsten illustrierte Handschrift.
Viele Handschriften hatten, nicht alle, schöne und wertvolle Einbände mit Verzierun-gen und auch Edelsteineinlagen. Manche dieser Kostbarkeiten mussten im 30-jährigen Krieg (1618-1648) abgegeben werden, andere wurden veräußert, um Einfäl-le oder angedrohte Einfälle, abwehren zu können. All diese Restaurierungen (gebro-chener Einbände, …) sind in Zukunft für uns sehr wesentlich und wichtig, wir werden nach unseren wirtschaftlichen Möglichkeiten jedes Jahr eine gewisse Summe dafür bereitstellen. Die Betreuung und Verwahrung in entsprechenden Räumen ist, Gott sei Dank, gesichert.

Beim Schutz vor Feuchtigkeit spielt ein dichtes und stabiles Dach eine wichtige Rolle. Nach welchen Kriterien wurde bei der Dachsanierung vorgegangen?

Der Hülle rundherum, und das Dach ist dabei eine ganz besondere Hülle, wurde in den letzten Jahrzehnten besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Erhaltung der Bausubstanz gewährt uns den langfristigen Erfolg unserer Renovierungs- und Res-taurierungsbemühungen.
Neben den üblichen Kriterien der Haltbarkeit, der Frostbeständigkeit, der Dichtheit haben wir immer auch an die Schönheit gedacht. Uns war ein natürliches Material, der Tonziegel, wesentlich. Meist war ursprünglich die Wiener Tasche aufgedeckt, so wurde diese auch wieder verwendet.
 

Die Dachdeckung beim Haupthaus ist durch die drei verschiedenen Ziegelformen eine Besonderheit und wurde meines Wissens hier erstmals in Österreich angewendet?

Einen kleinen Nachteil, wenn man das so nennen kann, wollten wir mit der letzten Sanierung beseitigen. Wir wollten möglichst nah an die Optik des alten Daches kommen, mit kleinen Verwerfungen. Die erste Anregung für eine Art „Schuppigkeit“ kam aus einer Kirchendachsanierung in einer unserer Pfarren, hier wurden zwei ver-schiedene Dachziegellängen der Tasche verwendet. Diese Gestaltung hat uns recht gut gefallen.
In der Zwischenzeit wurde ein sogenanntes „Altstadtpaket“ für Biber und Tasche von Tondach Gleinstätten angeboten. Bei diesem Paket sind auf einer Palette drei unter-schiedliche Ziegel fix und fertig verpackt, das Modell Steyr (Biber oder Tasche) und zwei leicht unterschiedlich lange Biber oder Taschenziegel mit gerauten Oberflächen. Zusätzlich sind die Produkte aus verschiedenen Produktionsstandorten, damit ergibt sich ein wunderschönes Farbspiel und stellt sich automatisch eine „regelmäßige Un-regelmäßigkeit“ ein, der Dachdecker kann ganz normal aufdecken. Durch dieses „Altstadtpaket“ wurde auch unserem Wunsch entsprochen, der Fassade mit dem Stuck aus der Rokokozeit (aus ca. 1736) mit dem Dach eine Entsprechung zu geben. Diese Fläche beträgt ca. 1.600 m2, das sind ca. 50.000 Ziegel.

Über welchen Zeitraum erfolgte die Dachsanierung? Welche Erfahrungen haben Sie bisher damit?<span > 

Insgesamt hat die Dacherneuerung des Stiftes 15 Jahre gedauert, hier beim Haupt-haus geschah die Neudeckung zwischen Ostern (18. April) und Pfingsten (2. Juni) des letzten Jahres, dank hervorragender Vorplanung und Wetterglück ist es sich ge-nau ausgegangen.
Die Erfahrungen mit Tondach Gleinstätten sind hervorragend. Wir können in den 15 Jahren auch eine positive Produktentwicklung im diesem Hause mitverfolgen. Wir sind sehr zufrieden und würden nie andere Ziegel nehmen.
Insgesamt wurden in den letzten 15 Jahren, nicht nur hier, auch in den Pfarren, ca. 30.000 m2 bis 34.000 m2 Tondachziegel von Gleinstätten in verschiedenen Formaten eingedeckt.

Gibt es konkrete Zukunftspläne für das Stift?

Natürlich haben wir gewisse Zukunftspläne, vor allem wollen wir bis zum Jahr 2013, der 850 Jahr-Feier des Stiftes noch das eine oder andere erreichen, ob das in der Kirche, im liturgischen Bereich ist oder im Gebäudebereich.<span > 
Wie kann das Stift ein geistiger und geistlicher Ort der Begegnung und in der Pasto-ral sein? Wie können wir in diesen Aspekten den heutigen Anforderungen entspre-chen und gerecht werden und wie können wir eine Art Seelsorgszentrum in diesem Teil des Dekanats, für unsere 13 Pfarren, sein? Eine Erfahrung ist, dass wir nicht versuchen können ALLES abzudecken, vieles existiert nebeneinander. Die soge-nannte Pluralität in der Gesellschaft zeigt sich auch in der Kirche und das muss man auch als Stift ernst nehmen. Ich denke man kann nur gewisse Angebote stellen und versuchen dieses oder jenes anzugehen und zu sagen – das ist unsere Zielrichtung. Unser Bildungshaus feiert heuer sein 30-jähriges Jubiläum und da bin ich der Mei-nung sollte ein Rating oder eine Evaluierung, um moderne Ausdrücke zu gebrau-chen, erfolgen. Weil nicht die Zielsetzung von vor 30 Jahren gelten muss, wenngleich die grundsätzliche Zielsetzung – Hilfestellung für unseren Raum zu geben – erhalten bleiben soll, das ist klar, aber die Methode kann und muss sich wahrscheinlich auch ändern.

Vielen Dank Herrn Prälat Kroisleitner für das interessante Gespräch mit dem Ver-band Österreichischer Ziegelwerke.